Eine kurze Geschichte von talentify und was die Zukunft bringt

Netzwerk Bildung

Bernhard Hofer Bernhard Hofer

Die letzten drei Jahre waren sehr herausfordernd, für uns alle. Darunter hat vor allem unsere Stakeholder-Kommunikation nach außen stark gelitten. Das ändern wir ab sofort wieder und heute darf ich damit anfangen. Der Zeitpunkt dafür ist perfekt, denn nach einer sehr intensiven Zeit bietet es sich an, inne zu halten und zurückzublicken, Resümee zu ziehen und den Blick und Fokus wieder gemeinsam mit unserem Team nach vorne zu richten.

 

🚀 Wie alles begann ...

Zuerst ein Blick zurück zu den Anfängen. Als Doris und ich gemeinsam vor inzwischen fast 10 Jahren auf unserer Hochzeitsreise den Entschluss fassten, unsere Jobs zu kündigen und ein altes Schülerprojekt von mir an der HTL Anichstraße aus dem Schuljahr 2002/03 wieder mit Leben zu erwecken, hatten wir keine Ahnung, wohin uns diese Reise führen wird. Die Idee und Vision war uns von Beginn an klar: mit Peer-Lernen Schüler:innen nicht nur beim schulischen Lernen zu unterstützen, sondern darüber hinaus den sozialen Zusammenhalt und wichtige Kompetenzen zu stärken. Auch wollten wir junge Menschen "empowern", ihre eigene Zukunft in die Hand zu nehmen und zur nächsten Generation von "Changemakern" zu werden. Bildungsgerechtigkeit, gesellschaftliche Teilhabe, Skalierbarkeit über Digitalisierung und (systemische) Wirkung waren von Beginn an die zentralen Bausteine in all unseren Überlegungen. Aus diesem Grund war es mehr als naheliegend, das Projekt sozialunternehmerisch und wirkungsorientiert anzugehen - auch dank einem zufälligen Kennenlernen von Marie (Ringler, Ashoka) und Katharina (Norden, damals Three Coins) beim aaia Business Angel Day 2013, die beide voller Begeisterung über das Thema Social Entrepreneurship gesprochen haben.

Daraus wurde nach einigen Monaten Vorlaufzeit im Herbst 2014 ein erster Prototyp unserer Online-Plattform, den wir anfänglich mit drei Schulen in Wien gemeinsam weiterentwickelt haben und nach dem ersten Semester bereits an zehn Schulen aktiv eingesetzt wurde. Ein Schuljahr später, im Oktober 2015, starteten wir offiziell mit talentify.me. Im Sommer 2016 folgte nach einer sehr erfolgreichen Startphase die Ausgründung in die talentify GmbH. Neben dem reinen Fokus auf Peer-Lernen folgte schnell eine Erweiterung rund um die Themen "Future Skills" (talentify.academy), Unterstützung bei Schulwahlentscheidung und Lebens- bzw. Berufsorientierung (talentify.works). Damit schloss sich der Kreis hin zu einem wirkungsorientiertes Geschäftsmodell, mit dem wir Brücken zwischen jungen Menschen, Schule und der Welt um sie herum bauen. Dabei unterstützen wir v.a. Ausbildungsbetriebe dabei, die richtigen jungen Talente zu finden, begeistern und zu entwickeln.

 

🦄 Großartige Unterstützung, von Anfang an

Das alles haben wir natürlich nicht alleine geschafft. Zwar konnten Doris und ich uns in ein paar wenigen Jahren Berufsleben ein wenig Geld auf die Seite legen und hatten Dank dem Unternehmensgründungsprogramm (kurz: UGP, ein Förderprogramm des AMS) auch ein halbes Jahr Zeit alles vorzubereiten, aber das hätte natürlich nie gereicht. Kick-Starter bzw. Katalysator war unsere erste Förderung von accent, dem Inkubator des Landes Niederösterreich - mit dem wir noch immer sehr freundschaftlich verbunden sind und uns ein Büro teilen dürfen im Haus der Digitalisierung in Tulln, danke Michael für die jahrelange Unterstützung - und der Austria Wirtschaftsservice (kurz: aws mittels Pre-Seed und Seedfinanzierung) im Zuge des damaligen Fokus auf wirkungsorientierte, soziale Innovationen. Auch mit der damaligen Social Business Initiative der aws verbindet uns immer noch viel und die großartige Arbeit von Hannes, Karin, Maria, Niels & Co. hat damals viel ermöglicht und wirkt bis heute. Neben Förderungen haben uns zu Beginn vor allem Stiftungen, insbesondere die Katharina Turnauer Privatstiftung (KTP), ganz allgemein private Spenden (wie u.a. das team santé obere apotheke in Villach über viele Jahre - danke Klaus!) und pro-bono Unterstützung extrem geholfen. Nicht zu vergessen ist natürlich die großartige Reise mit Ashoka Österreich bis hin zu meinem Fellowship im Jahr 2015 und der damit verbundenen finanziellen Unterstützung sowie Zugang zu einem großartigen, weltweiten Netzwerk von Sozialunternehmer:innen. Mit der Ausgründung in die talentify GmbH im Sommer 2016 kamen mit Alon Shklarek (asp.group) und Stefan Siegl (Young Enterprises) auch unsere ersten Investoren mit an Board, denen wir beiden seit Jahren viel verdanken. Diese Reise ging weiter und gemeinsam mit der FASE und unserem Lieblingsanwalt Keyvan Rastegar (RPCK) konnten wir zwei weitere Runden mit hybriden Mezzaninkapital und Wandelkrediten abschließen. Es waren die KTP, hil-foundation, Haselsteiner Privatstiftung (über Sebastian Haselsteiner), Vallean Stiftung und zwei unserer langjährigen Unterstützer Hermann Arnold und Alon Shlarek mit dabei. Dank dieser großartigen Unterstützung von so vielen Seiten konnten wir es bis zu dem Punkt schaffen, an dem nicht nur unsere inhaltliche Wirkung im größeren Umfang sichtbar wurde, sondern Ende 2019 bzw. Anfang 2020 auch die wirtschaftliche Seite anfing unser Modell nachhaltig zu finanzieren.

 

🙌 Die Menschen im Team talentify

Alles Geld der Welt bringt jedoch nichts ohne Menschen die etwas Sinn- und Wertvolles damit aufbauen. Wenn ich daher auf die letzten fast zehn Jahre zurückblicke, ist das gemeinsame Tun mit so tollen und großartigen Menschen für mich persönlich das Highlight schlechthin. Trotz aller Herausforderungen, die ein kontinuierliches Wachstum im Team mit sich bringen, einer steilen und gefühlt niemals endenden Lernkurve, ist es nach wie vor ein Privileg, so viele Menschen - teilweise seit Beginn unserer Reise an - zu begleiten und wachsen zu sehen. Nicht nur beruflich und als Team, sondern vor allem auf einer persönlichen und menschlichen Ebene. Als Sozialunternehmen geht es für mich nicht nur um die direkte Wirkung aller Aktivitäten nach außen hin zu unseren Ansprechgruppen, sondern genauso um die interne Wirkung des gemeinsamen Lernens, Wachsens und Entwickelns als Team und individuell. Egal, ob es ein kurzer oder langer gemeinsamer Weg ist, von Beginn an oder erst seit kurzem, alle im Team hinterlassen einen bleibenden Eindruck und haben unsere zentralen Themen und die Vision dahinter nicht nur mitgetragen, sondern laufend gemeinsam weiterentwickelt. Ganz besonders in den letzten drei Jahren, mit viel Engagement, Einsatz und Herzblut. Wir sehen aber nicht nur das Kernteam als Teil des Team talentify an, sondern insbesondere auch die vielen, vielen langen Wegbegleiter:innen an unserer Seite die uns als externe Dienstleister:innen, Kooperationspartner:innen oder einfach nur als Freunde begleiten und unterstützen. Ohne euch alle wären wir nicht da wo wir jetzt stehen - DANKE!

 

🦠 Und dann kam die Pandemie ...

Die letzten drei Jahre sind gefühlt wie im Flug vergangen, das liegt wahrscheinlich an dem immensen Einsatz und der Energie, die wir alle gemeinsam investiert haben. Mit dem ersten Lockdown im März 2020 haben wir als Team entschieden, all unsere Ressourcen dorthin zu transferieren, wo wir am besten in dieser herausfordernden Lage unterstützen können. Das Resultat war eine Kooperation von verschiedensten Partner:innen, welche gemeinsam für das BMBWF in #weiterlernen aufgegangen ist. Seit April 2020 dürfen wir als Projektträger dieses große Kooperationsprojekt zentral für das BMBWF durchführen und mit vielen, vielen großen als auch kleineren Organisationen gestalten. Insgesamt waren seit Beginn 96 verschiedene Partnerorganisationen beteiligt, konnten über 180.000 Stunden Unterstützungsleistung für Schüler:innen und deren Eltern (u.a. Lernbegleitung, Elternarbeit bis hin zu spezifischen Unterstützungsleistungen für geflüchtete Menschen) sowie knapp 4.000 digitale re-use Endgeräte über unseren großartigen Partner Compuritas kostenlos Schüler:innen zur Verfügung stellen. Inzwischen ist #weiterlernen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie finanziert, im Zuge dessen wir unsere talentify Technologie adaptiert haben und zur effizienten Förderabwicklung allen Projektpartnerorganisationen ein innovatives Online-System zur Förderabwicklung, Abrechnung, Prozessoptimierung bis hin zur Förderprüfung zur Verfügung stellen. #weiterlernen war in gewisser Weise aber erst der Anfang.

Ein Highlight im ersten Pandemie-Jahr war auf jeden Fall auch dieses Video mit so vielen Schüler:innen, Partner:innen und Unterstützer:innen drehen zu können:

Neben #weiterlernen, als inzwischen wichtigen Teilbereich unserer Arbeit, konnten wir weitere Projekte mit der öffentlichen Hand umsetzen. Wie zum Beispiel gemeinsam mit dem FGÖ, Gesundheits- und Bildungsministerium sowie der BVAEB diverse Online-Veranstaltungsformate und mehrere Webinarreihen im Zuge der "Wohlfühlzone Schule" bzw. den WohlfühlPOOL mit diversen Angeboten zur psychosozialen Unterstützung von Lehrer:innen und Schüler:innen oder gemeinsam mit der BVAEB die zentrale Konzeption und Abwicklung ihrer digitalen Fort- und Weiterbildungsangebote zu Themen rund um die betriebliche Gesundheitsförderung, mit Fokus auf den Arbeitsplatz Schule und Kindergarten sowie der öffentlichen Hand im Allgemeinen. Auf zwei weitere Kooperationsprojekte sind wir ganz besonders stolz: zum einen die Zusammenarbeit mit dem BMBWF und OeAD im Zuge der Initiative "Digitale Schule", die wir von Anfang an mit partizipativen Prozessen (gemeinsam mit Eltern, Schüler:innen und Lehrer:innen) begleiten durften und inzwischen im Bereich digitaler Prozessabwicklung in verschiedenen Teilbereichen - gemeinsam mit unserem großartigen Partner ACP IT Solutions - wie u.a. der Gerätebörse unterstützen. Zum anderen die ebenfalls bereits zweijährige Kooperation mit der NÖ Familienland GmbH zur digitalen NÖ Lernwerkstatt, die sich inzwischen als zentrales Angebot des Landes Niederösterreich zur kostenlosen Lernbegleitung für Familien sowie einer zentralen Sammlung digitaler und interaktiver Lerninhalte entwickelt hat. Alle genannten Kooperationen und Projekte haben sich inzwischen fest etabliert und werden auch nach dem offiziellen Ende Covid-Pandemie weitergeführt und -entwickelt - was uns ganz besonders freut und zeigt, wie wichtig und zentral sozial-nachhaltige Projektentwicklung ist.

Ein sozusagen krönender Abschluss des dritten Pandemie-Jahres war die Auszeichnung zum Social Entrepreneur of the Year 2022 durch EY Österreich im Zuge eines großartigen Gala-Dinners in der Hofburg. Die Verleihung war ein sehr emotionaler Moment und im Gespräch mit Lisa Gadenstätter auf der Bühne habe ich den Preis für alle entgegengenommen, die sich in den letzten Jahren so hartnäckig, aufopferungsvoll und leidenschaftlich für das Thema Bildung eingesetzt haben und so viele junge Menschen, deren Eltern, Lehrer:innen und alle im Ökosystem Schule begleitet, unterstützt und gemeinsam zur Bewältigung aller Herausforderungen beigetragen haben.

 

🚀 Ein Blick nach vorne: Bildung mit Wirkung

Die vergangenen fast zehn Jahre, insbesondere die sehr intensiven letzten drei Jahre, haben uns eines gezeigt und gelehrt: das wichtigste und zentrale Anliegen muss sein, gemeinsam mit den nächsten Generationen miteinander und voneinander zu lernen. Das Ziel: Kinder und Jugendliche zu "empowern" ihre eigene Zukunft in die Hand zu nehmen, in Anlehnung an Marc Prensky zu "Solutionaires" zu werden und die großen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu lösen - damit wir als Gemeinschaft "enkelfit" werden. Für uns ist das eine Reise "back to the roots", zurück zum Ursprung unserer Vision und warum wir uns damals überhaupt dazu entschlossen haben, talentify umzusetzen. Deswegen ordnen wir inzwischen alles dem Hashtag #MUVL unter: Miteinander Und Voneinander Lernen. Dies gilt für alle Bereiche unseres Tuns und wird ganz besonders ein Schwerpunktthema in der gemeinsamen Zusammenarbeit mit Schüler:innen einnehmen. Mehr dazu und wohin die Reise im Detail gehen wird erzählen wir euch im Laufe des Sommers - also stay tuned! Neben dieser zentralen Ausrichtung auf das Thema Bildung mit Wirkung, werden wir vor allem die Bereiche der digitalen Prozessoptimierung (digitale Prozesse mit Wirkung) und wie wir es nennen "Blended Learning As a Journey" oder kurz #BLAY weiter vorantreiben - insbesondere im Zuge unserer neu entwickelten digitalen Berufsorientierungsformate. Im Bereich der Prozessoptimierung wird ein besonderer Fokus im Bereich von Förderprozessen liegen und wir haben hier aktuell ein paar ganz tolle Kooperationsprojekte im Hintergrund in Vorbereitung, über die wir ebenfalls in den nächsten Tagen und Wochen an dieser Stelle berichten werden. Es ist und bleibt spannend und wir freuen uns, diese Reise gemeinsam als Team und mit so vielen spannenden und tollen Kooperationspartner:innen zu gehen.

 

Abschließend bleibt mir nur nochmals DANKE zu sagen. Danke an das großartige Team talentify, danke an die vielen spannenden und tollen Kooperationspartner:innen mit denen wir arbeiten dürfen und ein großes Danke auch an alle diejenigen, die unsere Arbeit im Hinter- und Vordergrund überhaupt ermöglichen. Wir werden in Zukunft wieder mehr über unser Tun berichten, aktiv den Kontakt mit allen Stakeholdern suchen und freuen uns bereits sehr auf die nächsten Schritte und die gemeinsame Reise. Ganz besonders freuen wir uns darauf, auch wieder mehr persönlich "in echt" mit allen in Kontakt zu treten und hatten Mitte Mai bereits einen ersten, spannenden Brunch zum Thema "Bildung mit Wirkung" in unserem neuen Büro im Haus der Digitalisierung in Tulln - mehr davon wird kommen.

 

In diesem Sinne allen einen schönen und guten Start in den Sommer, viel Sonne und Erholung und wir sind bereit gemeinsam im Herbst mit euch allen durchzustarten!

Bis bald und alles Gute
euer Bernhard für das Team talentify


Bernhard Hofer
Bernhard Hofer
Gemeinsam mit seiner Frau Doris gründete Bernhard 2014 das Sozialunternehmen talentify, um Peer-Learning-Konzepte in der Bildung zu nutzen und die nächste Generation junger Changemaker zu stärken. Bernhard ist Ashoka Fellow, der erste österreichische FERD's List Honouree of Inspiring Entrepreneurs and Leaders und EY Social Entrepreneur of the Year 2022.

Verfasst am 31. Mai 2023, zuletzt bearbeitet am 01. Juni 2023.

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